Sind 10 ppm kolloidales Silber tatsächlich wirksamer als 25 ppm?


Um es vorweg zu nehmen, die Antwort lautet: Nein. Die Aussage, daß 10 ppm kolloidales Silber am wirksamsten seien, ist falsch und auch die Begründungen halten keiner vernünftigen Betrachtung stand.

Schon seit langer Zeit geistert die Behauptung, 10 ppm seien am wirksamsten, durch das Internet. Allen voran ein spezieller Anbieter, der zunehmend mit vermeintlich wissenschaftlichen Belegen diese Meinung zu untermauern versucht und damit jede Menge Verunsicherung stiftet. Schauen wir doch einmal, was hinter den einzelnen Behauptungen steckt.

Falsche Mengen und frei erfundene Zahlen

Da finden wir die Aussage, dass mittels Elektrolyse aus 10 mg (10 ppm) Silber 10 Millionen Teilchen erzeugt werden.

Rechnen wir einmal kurz nach:
Zahlen und FaktenWürden aus 10 mg Silber tatsächlich nur 10 Millionen Teilchen erzeugt, dann hätten diese eine Größe von über 5,6 µm* (5600 nm)! Diese sollte aber idealerweise nur wenige nm betragen. Da läuft doch wohl gründlich etwas falsch …

Dann folgt die Behauptung, dass bei 25 ppm nun 25 Millionen Teilchen auf einem Teelöffel zu erwarten wären, statt dessen aber nur 1 Million Teilchen entstehen.

Dann gehen wir also mal von 10 ppm und 10 Millionen Teilchen aus. Zur Erinnerung: ppm bedeutet die Menge Silber in einem Liter Wasser, und so nehmen auch die 10 mg Bezug darauf. Nun erwartet man bei 25 ppm 25 Millionen Teilchen, aber nicht in einem Liter, sondern diesmal plötzlich auf einem Teelöffel!
Ein Teelöffel fasst etwa 5 ml. Das ist der zweihundertste Teil eines Liters. Demzufolge müsste man also nicht 25 Millionen, sondern nur etwa 125.000 Teilchen erwarten! Es sind aber nach obiger Aussage 1 Million Teilchen vorhanden, also das 8-fache der erwarteten Menge!
Würde man die zitierten Aussagen wörtlich nehmen, dann hätten 25 ppm die 8-fache Wirkung von 10 ppm!

Dass hier wie wild mit Zahlen jongliert wird, sieht man an anderer Stelle desselben Anbieters, nunmehr mit völlig anderen Angaben. Da wird diesmal plötzlich behauptet, dass sich in einem Teelöffel kolloidalen Silbers mit 10 ppm ungefähr 500 Millionen Teilchen befinden. Und diese sollen auch noch zusammen eine wirksame Oberfläche von sechs Fußballplätzen bilden.

Zahlenjongleur

Ja, was denn nun – 10 Millionen in einem Liter, 500 Millionen auf einem Teelöffel, oder vielleicht doch nur 1 Million???

Nun lässt es sich ungefähr errechnen, wie viele Partikel* theoretisch vorhanden sind. Gehen wir einmal von der angenommenen Idealgröße von 1 nm aller Partikel* aus, die Dichte des Silbers liegt bekanntlich bei 10,45 g/cm³. Damit hat ein Partikel ein Gewicht von ca. 5,47·10-21 g. In diesem Fall wären das bei 10 mg Silber also nicht 10 Millionen, sondern etwa 1,8·1017, das sind 180 Billiarden Partikel! Diese hätten zusammen eine Oberfläche von ca. 0,57 m². Und selbst bei einem Teelöffel wären das immer noch 9·1014, also 90 Billionen Teilchen! Allerdings beträgt dann die Oberfläche nur noch etwa 28 cm2 – so viel zu den sechs Fußballfeldern …

Für diesen zusammenhanglosen Zahlenzauber gibt es aber dann auch noch eine wissenschaftliche Begründung:

Die falsche Annahme von größeren Partikeln

Nun folgt die bemerkenswerte Erklärung, dass sich bei höheren ppm-Zahlen größere Teilchen von der Elektrode lösen. Und weil diese schwerer sind als die elektromagnetische Abstoßungskraft der kleineren Teilchen, würden sie mit diesen noch größere Teilchen bilden, die dann als Cluster bezeichnet werden.

Sie können diesen Absatz so oft lesen wie sie wollen, Sie werden ihn nicht verstehen. Teilchen, die schwerer sind als die elektromagnetische Abstoßungskraft kleinerer Teilchen ... Da stellt sich uns die Frage: Wie viel wiegt eigentlich die elektromagnetische Abstoßungskraft??

Die Vorstellung, dass aus den Elektroden irgendwelche Teilchen (Partikel) herausgelöst bzw. „mitgerissen“ werden, entbehrt jeglicher Grundlage, ein Nachweis dafür konnte demzufolge bisher auch nirgends gefunden werden. Und erst recht nicht für die hier erfundenen noch größere(n) Teilchen.
Im Gegenteil – in der Elektrolyse lösen sich Ionen, die den Stromfluss in einer Lösung bedingen und es sind in unserem Fall positiv geladene Silberionen (Kationen), die aus der Anode gelöst werden und die immer dieselbe Größe (< 0,5 nm) besitzen!

Ein Teil dieser Silberionen erreicht die Kathode, an der sie durch Aufnahme eines Elektrons zu Atomen reduziert werden. Durch bestimmte Kräfte (Van-der-Waals-Kräfte u.a.) kann es nun zu lockeren Bindungen kommen, sowohl zwischen einzelnen Atomen als auch zwischen einzelnen Ionen. Erst auf diese Weise entstehen dann einige Teilchen (Cluster), die sogenannten kolloidalen Partikel.

Diese Partikel können natürlich noch etwas weiter „wachsen“, es sei in dem Zusammenhang nur am Rande nochmals auf die Van-der-Waals-Kräfte hingewiesen. Mit der dort ebenfalls angeführten Clusterbildung von Polymeren kann es nur etwas gemein haben, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Den Nachweis, ob das in irgendeiner Weise bei kolloidalem Silber zutrifft, bleibt uns jener Anbieter schuldig. In jedem Fall kann es sich nur um einige wenige Partikel, im Verhältnis zur Gesamtmenge des Silbers, handeln und ist damit völlig irrelevant.

Aber es geht noch weiter. Durch die oben genannten größeren Teilchen soll sich die Gesamtzahl der Teilchen reduzieren, wodurch nun die Wirkung des Silbers geringer wird.

Mit anderen Worten ausgedrückt, alles, was oberhalb von 10 ppm geschieht, wäre nur noch ein Verklumpen des Silbers. Anders lässt es sich nicht erklären, wenn trotz steigender Konzentration die Partikelanzahl sinken soll. Das ist hanebüchener Unsinn!
Unabhängig davon zeigen jahrzehntelange Erfahrungen, dass höhere Konzentrationen auch eine stärkere Wirkung haben.

Die Diskussion um Partikelgrößen ist falsch und überflüssig

Nun haben wir uns bis hierher durchgearbeitet und sollen jetzt feststellen, dass das alles überflüssig war. Wieso?Messuhr
Weil es überhaupt nicht auf die Partikel ankommt, denn die Wirkung geht von den Silberionen aus!
Der ganze Unsinn mit den Partikelgrößen beruht auf dem Glauben, oder auch auf der bewusst falschen Information, dass kolloidale Partikel eine Wirkung hätten.

Der Sachbuchautor Dr. Josef Pies schreibt:
„Heute geht man davon aus, dass es eher die Silberionen sind […] und nicht Silberatome, denn metallisches Silber ist nicht sehr reaktiv. Das steht aber nicht im Widerspruch zur Verwendung von kolloidalem Silber. Das enthält neben elementaren Silberpartikeln hauptsächlich Silberionen. Und aus metallischem Silber, also auch aus den Kolloidpartikeln, werden in flüssiger Umgebung ständig Silberionen abgegeben […].“

Bis auf wenige Ausnahmen sind es immer Silberionen, die in wissenschaftlichen und medizinischen Studien und Anwendungen zum Tragen kommen. Wirksame Silberpartikel sind nirgends zu finden, weil es sie nicht gibt.

Selbst die Tatsache, dass sich aus elementarem Silber Ionen lösen, ist belanglos. Kleinste Partikel können sich zwar nahezu bis zur Hälfte lösen, aber das nur im Laufe vieler Wochen! Damit ist diese Eigenschaft des Silbers für fast alle Anwendungen uninteressant.

Fazit

Da die Wirkung des Silbers nur von seinen Ionen ausgeht, sind alle Diskussionen um Partikel und Partikelgrößen in diesem Zusammenhang völlig fehl am Platz. Zahlen und Daten bezüglich Partikelanzahl und -größen sind in der Regel frei erfunden und dienen einzig und allein der Kundenbindung. Das hat nichts mit Aufklärung der Anwender zu tun.
Es bleibt eines am Ende festzustellen:

Die wirksamste kolloidale Silberlösung ist jene, die die meisten Silberionen enthält!

Und es liegt in der Natur der Sache, dass eine Lösung mit einer höheren Konzentration mehr wirksame Ionen enthält. Und das vor allem dann, wenn sie ganz frisch hergestellt ist.

Reines Wasser

* Um Berechnungen zu ermöglichen, wurde die Idealform einer Kugel angenommen.